Aufschlussreicher Diskussionsabend

Toleranz und Dialog

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27.06.2015



Diözesanpräses Alois Zeller (li), Dr. Timo Güzelmansur (re)

Kaum ein Tag vergeht ohne Nachrichten aus der islamischen Welt. Dabei kochen schnell Emotionen hoch, doch das Wissen über Lehrmeinungen oder Ideologien dieser Gruppen sind eher unbekannt. Um hier Abhilfe zu schaffen, veranstaltete das Kolping-Erwachsenen-Bildungswerk am 25. Juni einen Diskussionsabend. Dr. Timo Güzelmansur, der selber in der Türkei aufwuchs und als junger Erwachsener zum Christentum konvertierte und in Augsburg Katholische Theologie studierte, war Referent des Abends. Er ist Leiter der christlich-islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (CIBEDO).

Fünfzehn interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer folgten den Ausführungen zunächst über die Entstehung des Islam und dessen Schriften wie den Koran, auf die sich der Islam bezieht. Güzelmansur ging auf die frühe Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten nach dem Tod Prophet Muhammads, sowie jüngere Abspaltungen wie die Ahmadiyya ein.

Die Zahl der in Deutschland lebenden Muslime ist schwer zu ermitteln. Schätzungen sprechen von einer Zahl zwischen 3,8 und 4,3 Millionen aus 40 unterschiedlichen Nationen. Viele davon seien in den 1970er Jahren als Gastarbeiter zu uns gekommen und geblieben. Jedoch gebe es einen Trend, dass gut ausgebildete in Deutschland geborene Muslime in die Länder ihrer Vorfahren zurückkehren. Sie wollten nicht länger den Benachteiligungen, die sie hier in Deutschland aufgrund ihrer Hautfarbe oder eines nicht-deutsch klingenden Namens erfahren, ausgeliefert sein. Güzelmansur berichtete hier auch von eigenen Erfahrungen.

Ein Hauptaugenmerk des Vortrages bzw. der sich anschließenden, intensiven Diskussion lag in den Dialogmöglichkeiten zwischen Christen und Muslimen.  Dialog fängt bei Toleranz an und müsste, bezieht man oben genannte Erfahrung mit ein, von deutscher Seite her deutlich mehr entwickelt werden. Ein Bereich eines möglichen Dialogs: der Dialog des täglichen Zusammenlebens.

Ein weiterer Dialog - der des Handelns - finde zunehmend statt und beinhaltet ein aufeinander Zugehen auf Augenhöhe. Islamische Gemeinden auf Christliche und umgekehrt. Eine Einführung in Gebets- und Gemeindeleben gehörten mit dazu. Der Austausch auf theologischer Ebene ist den Fachleuten vorbehalten, an dem die CIBEDO aktiv beteiligt ist. Dieser Dialog ist von Seiten der Katholischen Kirche durch entsprechende Dokumente des II. Vatikanischen Konzils (Lumen Gentium 16, Nostra Aetate 3) gewollt.

Diskussionen löst immer wieder die Rolle der Frau im Islam aus. Ihr werden andere Aufgaben zugeteilt als dem Mann. Somit ergibt sich eine andere Stellung für die Frau in der Gesellschaft. Vor Gericht hat ihre Aussage beispielsweise nur halb so viel Gewicht als die eines Mannes. Sie erben die Hälfte dessen, was ihre Brüder erben. Ihre Ausbildung/berufliche Qualifikation ändert daran nichts.

Seit über einem Jahr verbreitet die islamistische Terrorgruppe „Islamischer Staat“ Angst und Schrecken. Sie sind streng gläubig und unbeirrbar. Ein anfänglicher Versuch zu einer gewaltfreien Lösung ist nicht möglich. Diese traurige Einsicht musste sogar Papst Franziskus gewinnen.

Dieser aufschlussreiche Abend gab Einblicke in unterschiedliche Themenbereiche.

 

Textauszüge des II. Vatikanischen Konzils zum Thema:


DOGMATISCHE KONSTITUTION ÜBER DIE KIRCHE "LUMEN GENTIUM" (Nr. 16)
Diejenigen endlich, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, sind auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet (32). In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist (vgl. Röm 9,4-5), dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue (vgl. Röm 11,28-29). Der Heilswille umfaßt aber auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslim, die sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird. [...]

ERKLÄRUNG "NOSTRA AETATE" - ÜBER DAS VERHÄLTNIS DER KIRCHE ZU DEN NICHTCHRISTLICHEN RELIGIONEN (Nr. 3)
Die muslimische Religion
Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde (5), der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.
Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslim kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.

27.06.2015
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