Kolping-Diözesanversammlung in Augsburg

Fürsorge für Flüchtlinge gehört zum Selbstverständnis der Kirche

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26.04.2016

Diakon Ralf Eger beim Vortrag


Paulina Hesse-Hoffmann dankt Ralf Eger


Generationenübergreifende Versammlung


Kleiderbasar in Bobingen


Infos über einen Helferkreis


Bezirk Augsburg stellt Spendenaktion vor


Paulina Hesse-Hoffmann von der Projektgruppe im Gespräch


Selig seid ihr...


Gäste aus nah und fern


Domkapitular Hacker beim Grußwort


Stadträtin Fink überbringt Grüße vom Oberbürgermeister


Judit Hudson und Judit Gacs vertreten die Partner aus Ungarn


Landesvorsitzende Schömig lobt den Diözesanverband


Tagungspräsidium am Nachmittag


Kolpingsaal ist Kolping-Plenarsaal

Dass die Fürsorge für Flüchtlinge und Migranten für die Kirche nicht eine unter vielen Aufgaben ist, sondern zu deren Selbstverständnis gehört, erläuterte der Flüchtlingsbeauftragte des Bistums Augsburg, Diakon Ralf Eger, den rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kolping-Diözesanversammlung in Augsburg. Mit seinem Vortrag zum Thema „Flucht und Asyl - eine Herausforderung an unser Christsein?!“ motivierte Eger, der auch engagiertes Kolpingmitglied ist, die Delegierten der über 100 Kolpingsfamilien in der Diözese Augsburg, sich für die asylsuchenden Menschen zu engagieren, und räumte mit Vorurteilen und falschen Informationen zur Flüchtlingsfrage auf.

Fluchtgeschichten in der Bibel

Mit einem Blick in die Bibel zeigte Eger, dass vom Stammvater Abraham über Jesus Christus bis zu den ersten Christen das Thema Flucht und Vertreibung das gesamte Alte und Neue Testament durchzieht. Auch die Ursachen für Flucht in der Bibel (Hungersnot, Krieg, Flucht vor Strafverfolgung, Schuldsklaverei) sind nach Eger mit den heutigen gut vergleichbar. So verglich er die Situation von Arbeiterinnen und Arbeitern in der Textilindustrie in Bangladesch mit der Schuldsklaverei in der Heiligen Schrift.

Flucht ist Teil der menschlichen Geschichte

Mit einer Karte der Völkerwanderung, mit Bildern zur Besiedelung des Ostens und Amerikas, mit der Zahl von fünf Millionen Menschen, die im 19. Jahrhundert nach Amerika auswanderten, mit 12 Millionen Menschen, die nach 1945 vertrieben wurden bzw. auf der Flucht waren, einem Bild von einem DDR-Soldaten auf der Flucht und den über 700.000 Menschen, die in den 1990er Jahren aus dem ehemaligen Jugoslawien flohen, dokumentierte Eger, dass Fluchtbewegungen ein Teil unserer menschlichen Geschichte seit Anbeginn sind. Bilder vom Grenzzaun zu Marokko am Rande eines Golfplatzes, von Flüchtenden auf der Balkanroute und bei der Flucht über das Mittelmeer vervollständigten den Blick in die Geschichte mit der Gegenwart. „Wenn Fluchtwege verschlossen werden, tuen sich neue auf“, sagte Eger. Grenzzäune und Mauern würden nur den Schleppern und Schleusern helfen. Entsprechend dem marktwirtschaftlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage würden sie sogar mehr verdienen.

Flucht weltweit

Eger berichtete, dass weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Fast zwei Drittel (64 %) sind sogenannte Binnenflüchtlinge und im eigenen Land auf der Flucht. 33 % mussten ihre Heimat verlassen und nur 3 % (1,8 Millionen) sind Asylsuchende. Eger bedauerte in seinem Vortrag, dass es Deutschland verpasst hat, Zuwanderung zu regeln. Es bleibt den Menschen nur die Möglichkeit, Asyl zu suchen.

Fluchtursachen

Als Fluchtursachen nannte Eger drei Kategorien: Gesellschaftliche Gründe (Krieg, Bürgerkrieg, Menschenrechtsverletzungen, staatliche und vom Staat geduldete Gewalt, Armut, frauenspezifische Gründe zum Beispiel Massenvergewaltigungen); individuelle Beweggründe (höhere Bildung, besseres Leben, gesundheitliche Versorgung, familiäre Verfolgung); umweltbedingte Ursachen (Dürre, Flutkatastrophe, Überschwemmung, Erdbeben, radioaktive Unfälle, vergiftete Gewässer, Wirbelstürme/Tsunami).

Herkunftsländer und Verteilung in Deutschland

Im März 2016 sind rund 180.000 geflüchtete Menschen nach Deutschland gekommen. Über 50 % davon kamen aus Syrien bzw. der Arabischen Republik. An zweiter Stelle der Herkunftsländer steht der Irak mit 15 %, an dritter Stelle Afghanistan mit 11 %. Entsprechend dem sog. „Königsteiner Schlüssel“, der ursprünglich zur Verteilung von Kosten für überregionale Forschungseinrichtungen geschaffen wurde, werden die Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilt. Durch die Berücksichtigung von Bevölkerung und Steueraufkommen erhalten Nordrhein-Westfalen (ca. 21 %), Bayern (ca. 15 %) und Baden-Württemberg (ca. 13 %) den größten Anteil. Ca. 30.000 Geflüchtete leben derzeit in der Diözese Augsburg, davon  ca. 3.700 im Stadtgebiet Augsburg.

Weniger als Sozialhilfe

Asylbewerber bekommen die ersten drei Monate 143 Euro zuzüglich individueller Sachleistungen (Bekleidung, Putzmittel...) während der Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. In den folgenden 15 Monaten erhalten sie bis zu 359 Euro. Darin enthalten sind 143 Euro Taschengeld wie zuvor und den notwendigen Bedarf, der von den Ländern und Kommunen entschieden wird. Damit bekommen Flüchtlinge weniger als Sozialhilfeempfänger, die 404 Euro erhalten.

Keine Perspektive und mangelnde Versorgung

Auf die Frage, warum 2015 so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, verwies Eger auf die drei Millionen Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei und zwei Millionen im Libanon. Die Länder seien überfordert und die Menschen hätten dort keine Perspektive. Zudem gehe der UN und dem Welternährungsprogramm das Geld aus. Die Geberländer haben ihre Hilfen z.T. reduziert oder sind mit den Zahlungen im Rückstand! Es fehlen bis zu 3 Mrd. Euro.

Herausforderung für unser Christsein

Die Gottebenbildlichkeit, die Aussage Jesu „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan oder nichtgetan habt, das habt ihr mir getan“, der Barmherzige Samariter, das Gebot der Feindesliebe in der Bergpredigt und das Gebot der Nächstenliebe motivieren Christen, sich für Menschen auf der Flucht zu engagieren. „Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar“, schreiben die deutschen Bischöfe daher auch in ihren „Leitsätzen des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge“. Im Bewusstsein, „dass auch in unserer eigenen Kirche nicht alle das Engagement für Flüchtlinge und Migranten vorbehaltlos unterstützen“, sprechen sich die Bischöfe für eine „Kultur der Aufnahme und der Solidarität“ aus. Eger sieht in den „Themenfelder des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge“, wie sie in den Leitsätzen beschrieben sind, viel Spielraum für das Engagement von Pfarreien und Verbänden. Das Kolpingwerk in der Diözese Augsburg engagiert sich bereits mit dem Projekt "Fremde werden Freunde" in der Qualifikation von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit. Besonders forderte Eger zur Solidarität mit geflüchteten Christen auf.

Was tut die Kirche von Augsburg?

Viele Christen engagieren sich in Asylhelferkreisen. Bei den Pfarrgemeinden und Verbänden sieht Eger noch Zurückhaltung und wünscht sich mehr Engagement. Er sieht darin auch die große Chance, über das bürgerschaftliche Engagement mit skeptischen Bürgern ins Gespräch zu kommen. Häufig werden von den Pfarrgemeinden Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, Kleiderkammern eingerichtet, Treffen und Willkommensfest durchgeführt und eigene Spendenkonten geführt. Über 50 kirchliche Gebäude werden in der Diözese von 880 Personen bewohnt. Die Diözese investiert auch in den Umbau und die Sanierung und in Sozialbau. Wohnungen werden zudem an anerkannte Asylbewerber vermietet. Eger bedauert, dass leider nicht alle leerstehenden kirchlichen Wohnungen geeignet (Größe, Lage, baulicher Zustand) sind. Die Diözese Augsburg hat einen Sonderetat von drei Millionen Euro eingestellt. Über 1 Mio. Euro wurden davon bereits ausgegeben. In den Ausgaben sind die Eigenmittel von den Verbänden (Caritas, KJF, Kolping…) und Orden nicht enthalten. Die Mieterträge (ortsübliche Mieten) der diözesanen Gebäude fließen in den Sonderfonds, an den Pfarrgemeinden (und Verbände in Kooperation und über die Pfarrgemeinden) für Flüchtlingsprojekte Anträge stellen können. Die Caritas hat die Asylsozialberatung aufgestockt, führt Rückkehrberatung durch und hilft auch direkt im Libanon. Zudem baut sie eine neue Flüchtlingsunterkunft in Augsburg. Über 160 unbegleitete junge Flüchtlinge werden derzeit von der Kolping Akademie betreut.

Gegensätze nicht verschweigen

Dass die kulturellen Hintergründe vieler Geflüchteter im Gegensatz zu unseren westlichen Werten, zu unserem Alltag und Denken steht, verschwieg der Referent nicht. Bei den Themen Demokratie, Männer und Frauen in der Öffentlichkeit, Religion und Tradition im Alltagsleben und Gastfreundschaft gibt es solche Unterschiede, die zu Schwierigkeiten führen können.

Mit dem Wort von Papst Franziskus „die Kirche ist das Haus der Gastfreundschaft“ lud der Referent die Kolpingschwestern und –brüder ein, sich für die Menschen auf der Flucht zu engagieren.

Kolpingsfamilien sind in der Hilfe für Flüchtlinge aktiv

Bei einem Markt der Möglichkeiten wurden verschieden Aktionen für Flüchtlinge vorgestellt. Für die persönliche Begleitung von Flüchtlingen stand Paulina Hesse-Hoffmann von der Kolpingsfamilie Buchloe zum Gespräch zur Verfügung. Die Kolpingsfamilie Bobingen hat einen Kleiderbazar für Bedürftige durchgeführt, den sie präsentierte. Über die Koordination eines Helferkreises berichtete Vera Heinz aus der Kolpingsfamilie Westheim. Der Kolping-Bezirksverband sammelt Spenden, um Integrationskurse für junge Flüchtlinge zu finanzieren. Die Kolpingsfamilie Lauingen stellt für solche Kurse und zur Begegnung ihr Kolpinghaus zur Verfügung. Über die vielfältigen Angebote der Kolping Akademie wurde ebenfalls informiert. Auch Ralf Eger stand zum Gespräch zur Verfügung. Das Werte-Crossboccia der Aktion „Rio bewegt.uns“ wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls vorgestellt.

Bericht über die Tätigkeit im zurückliegenden Jahr

Der Diözesanvorstand hat zur Diözesanversammlung einen 24 Seiten umfassenden ausführlichen Bericht über die Tätigkeiten im Jahr 2015 vorgelegt. Geschäftsführer Heinrich Lang berichtete über die wirtschaftliche Situation. Der Kolpingtag in Köln und die südafrikanisch-deutsche Jugendbegegnung waren zwei Highlights des zurückliegenden Jahres. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diözesanversammlung entlasteten den Diözesanvorstand einstimmig.

Frank Jelitto in den Diözesanvorstand gewählt

Für den Aufgabenbereich „Zukunft der Arbeitswelt“ wurde der stellv. Geschäftsführer des Kolping-Bildungswerkes in der Diözese Augsburg, Frank Jelitto, in den Diözesanvorstand gewählt. Der 53-jährige Politikwissenschaftler verfügt über viel Verbandserfahrung und hat in seiner Tätigkeit in der Kolping Akademie täglich mit Firmen und der Agentur für Arbeit zu tun.

Die Diözesanversammlung wählte auch 12 Delegierte für die Bundesversammlung des Kolpingwerkes Deutschland im Herbst 2016 (Herbert Barthelmes, Daniela Dörfler, Thomas Ermisch, Johann Michael Geisenfelder, Mechthild Gerbig, Robert Hitzelberger, Theodor Lehner, Anna-Sophia Schneider, Karl Schneider, Ursula Straub, Sonja Tomaschek, Alois Zeller). Ebenfalls wurde ein Reserveliste gewählt (Angelika Hartwig, Katharina Heckl, Vera Heinz, Barbara Heinze, Paulina Hesse-Hoffmann, Hildegard Huber, Gebhard Kaiser, Franz Mayer, Johanna Pongratz, Anna Ruf, Michael Säckl, Daniela Zitt). Die Diözesanversammlung diskutierte und beschloss auch drei Änderungsanträge zur Satzung.

Thomas Ermisch weiter Diözesanleiter der Kolpingjugend

Rund 40 Vertreterinnen und Vertreter der Kolpingjugend-Gruppen wählten bei der Diözesankonferenz der Kolpingjugend Thomas Ermisch für drei weitere Jahre in die ehrenamtliche Leitung des Jugendverbandes. Der 27-jährige Augsburger steht mit vier weiteren Diözesanleitern und Kolping-Diözesanpräses Alois Zeller an der Spitze des über 3.000 Mitglieder umfassenden Mitgliedverbandes des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ).

Informationen Kolping Akademie, Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger und Kolping-Familienferienzentrum Allgäuhaus

Ursula Straub, Geschäftsführerin des Kolping-Bildungswerkes, informierte die ehrenamtlich Engagierten über die Arbeit der Kolping Akademie. 800 Kurse und Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung wurden 2015 von 27.000 Teilnehmenden besucht. 2.000 Flüchtlinge wurden von der Kolping Akademie unterrichtet und betreut. 150.000 Übernachtungen verzeichneten die Kolping-Hotels in Ohlstadt, Bad Wörishofen, Reimlingen und Alsópáhok. 680 Mitarbeiter kümmern sich im Auftrag des Kolping-Bildungsträgers um das Wohl der Gäste, Teilnehmer und Kunden. Straub, die für das Fundraising der Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger zuständig ist, berichtete auch über die Arbeit der Stiftung und kündigte das Stiftungsjournal „Lichtblicke“ an.

Rund 41.000 Übernachtungen erfreuten Gerwin Reichart, Hausleiter des Kolping-Familienferienzentrum Allgäuhaus in Wertach, im Jahr 2015. Reichart gab mit vielen Zahlen und Bildern einen Eindruck über die Arbeit der gemeinnützigen Familienerholungsstätte. Manche Pfarrgemeinde wäre bei einem Gottesdienstbesuch von 70 bis 80 % überfordert. Bei den 65 Eucharistiefeiern, von denen 35 Diözesanpräses Alois Zeller vorstand, ist eine solch hohe Teilnahme von Hausgästen alltäglich. Eine Tonne Ton wurde bei den Kreativangeboten verarbeitet. 90 große und kleine Wanderungen mit 3.700 Teilnehmern, davon alleine 10 Wanderungen auf die Krinnenspitze, wurden 2015 durch das Haus organisiert. Sanierungen und Anschaffungen im vergangenen wie bereits im laufenden Jahr waren ebenso Inhalt seines Berichtes.

Wie wird man selig?

Bei der mittäglichen Eucharistiefeier in der Hauskapelle der Maria-Ward-Schwestern stand das Jubiläum "25 Jahre Seligsprechung Adolph Kolping" im Mittelpunkt. Kolping-Diözesanpräses Alois Zeller buchstabierte anhand der Seligpreisungen seine Gründe für die Seligsprechung Adolph Kolpings in der Predigt durch. Der Gottesdienst, der vom diözesanen Fachausschuss „Kirche mitgestalten“ vorbereitet worden war, schloss mit einer Sonne von Impulsen, wie wir selig werden können.

Gäste aus nah und fern

Verbändereferent und Domkapitular Dr. Wolfgang Hacker, die Augsburger Stadträtin Ingrid Fink, Kolping-Nationalsekretärin Ungarn Judith Hudson aus Ungarn, Bundesvorstandsmitglied Reinhold Padlesak und die bayerische Kolping-Landesvorsitzende Dorothea Schömig sprachen am Beginn der Versammlung Grußworte. In der Versammlung vertreten waren aber auch die stellv. Bundesvorsitzende des Kolpingwerkes Barbara Breher, die Diözesanvorsitzende des Katholischen deutschen Frauenbundes Ulrike Stohwasser und die Geschäftsführerin des BDKJ-Diözesanverbandes Annemarie Leis.

26.04.2016
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