Interview mit Franz Kugler zum Tag des Handwerks

Das Handwerk ist vielseitig und modern

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07.09.2014

Am 20. September findet zum 4. Mal der "Tag des Handwerks" statt. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir hier ein Interview mit Franz Kugler. Mit der Handwerkskammerwahl 2014 ist Franz Kugler nach 40 Jahren aus der Vollversammlung der Handwerkskammer für Schwaben (HWK) und nach 30 Jahren als Vizepräsident aus Altersgründen ausgeschieden. 20 Jahre gehörte er dem Deutschen Handwerkskammertag an und 3 Jahre war er stellv. Vorsitzender im Ausschuss Gewerbeförderung des Deutschen Handwerkskammertages.

Franz, Du hast Dich 40 Jahre für das Handwerk engagiert. Wie siehst du die Zukunft des Handwerks?

Positiv! Das Handwerk wird es immer geben! Das Handwerk ist unheimlich vielseitig. 126 verschiedene Berufe. Wichtige Handwerke wie Nahrungsmittel und Baugewerbe gehören dazu. Das wird oft verkannt. Es ist sehr modern. Im Betrieb ist man nicht nur eine Nummer, sondern wird als Mensch und Persönlichkeit gesehen.

Was bedeutet das für die Zukunft der Handwerkskammer?

Die Kammer übernimmt viele Aufgaben für die Klein- und Mittelbetriebe. Die können sich keine Spezialisten leisten. Industriebetriebe können zum Beispiel Fachleute für den Export beschäftigen. Die Ausbildung ist da auch sehr wichtig. Die Handwerkskammer übernimmt Aufgaben, die sonst der Staat übernehmen müsste und macht das zum größten Teil im Ehrenamt.

Was waren denn wichtige Themen in den vergangenen Jahren?

Da muss ich vorweg sagen, dass die Industrie keine Arbeitnehmerbeteiligung in der Kammer kennt. Der Haushalt und die berufliche Bildung waren immer wichtig. Es wurde auch immer wieder versucht, kürzere Ausbildungszeiten einzuführen. Jeder Jugendliche soll aber so Ausgebildet sein, dass er auch in einem anderen Betrieb sein kann und nicht nur dort, wo er eine kleinere Ausbildung erhalten hat. Es gab Betriebe, die nur ein Segment gemacht haben und nur in diesem ihre Jugendlichen ausbilden wollten, so dass ein Wechsel für die Jugendlichen nicht möglich war.

Gab es in der Handwerkskammer Schwaben große Veränderungen?

Seit ich dabei bin, wurde ständig gebaut. Wir haben geschaut, dass wir bei den Werkstätten sowohl von den Gebäuden als auch von den Werkzeugen immer auf dem neuesten Stand sind. Die Anforderungen werden immer mehr. Die HWK hat immer versucht, ein Dienstleister zu sein. Früher war es eher eine Behörde. Es gibt auch viele Leistungen, die kostenlos abgerufen werden können. Zum Beispiel die Berufsberater, wenn es nicht über längere Zeit geht. Auskünfte, die kostenlos sind. Auch wenn es um Lehrlinge geht.

Kann man von Kolping etwas einbringen?

Problem war die Gegnerfreiheit. Wir haben auch Mitglieder, die auch Arbeitgeber sind. Wir sind mit dem DGB zusammen. Wir müssen den Konsens finden mit dem DGB. Vor allem für schwache, benachteiligte Jugendliche konnten wir viel bewegen.

Wie hat sich die Situation von schwachen Jugendlichen verändert?

Schwache Jugendliche werden gern genommen. Die Jugendlichen werden weniger. In vielen Bereichen finden wir keine Jugendliche mehr. Es gibt viele Firmen, die schauen, dass die schwachen Jugendlichen mitkommen. Es wird ihnen geholfen, dass sie selbstständig arbeiten können. Es gibt extra eine Beraterin bei der HWK, die Betriebe berät, wenn sie schwache Jugendliche nehmen, zum Beispiel mit Zuschüssen. Sie haben den Vorteil, dass sie häufig sehr betriebstreu sind und so zu verlässlichen Mitarbeitern werden. Häufig liegen die Schwächen ja in der Theorie und nicht im Praktischen.

Wie siehst du die Vertretung von Kolping im Handwerk?

Kolping ist auf Bundesebene schwächer geworden. Wir haben nur noch 6 oder 7 Vizepräsidenten von 56. In Bayern waren zu meiner Anfangszeit 6 von 7 Vizepräsidenten von Kolping. Im Handwerk können wir direkt bis in die Bundesebene mit Sitz und Stimme mitwirken und mitbestimmen. Da brauchen wir nicht nur eine Resolution schreiben.

Wie könnte sich das ändern?

Unsere Mitgliederstruktur muss sich ändern. Wenn ich in der Kolpingsfamilie keine Handwerker habe, dann steigt auch niemand in den Diözesan- oder Landesverband auf. Wir müssten unsere Nachwuchsförderung mehr auf das Handwerk ausrichten. Mein Start war von der Berufsschule. Der Präses Walter Zeitlmeier hat uns in der Berufsschule geworben. Wir waren eine komplette Jugendgruppe von Handwerkern. Die konnten sich unterhalten, die haben gleiche Zeiten. Mit Studenten können sich die nicht unterhalten.

Du bist ja über diese Schiene in die Vollversammlung gekommen. Wie war das konkret?

Diözesanpräses Maximilian Köck ist losgefahren, um die Liste für die Vollversammlung zu vervollständigen. Donnerstag war er bei mir zu Hause. Freitag musste die Liste eingereicht werden. Wenn es nicht so unter Druck gewesen wäre, hätte ich vielleicht nicht ja gesagt. Ein schwarzer BMW mit Augsburger Nummer war etwas Besonderes. Ich bin nicht fortgekommen. Mein Leben hat sich im Ries abgespielt. Hätte er nur angerufen, dann hätte ich wahrscheinlich nicht zugesagt.

Wie kann man jemandem Mut machen, sich in der Handwerkskammer zu engagieren?

Weil man mitwirken kann. Nicht nur unzufrieden sein. Sondern wir müssen mitwirken und verändern. Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Man hat mehr Beziehungen in die Politik hinein. Ich hätte vieles nicht erlebt, wenn ich nur in meiner Firma gearbeitet hätte. Man hat viele Kontakte zu anderen Menschen.

Was waren herausragende Begegnungen in deiner Tätigkeit?

Ich habe die ganz Großen getroffen. Schröder, Kohl und  Merkel hab ich erlebt. Diskussionen mit Blüm geführt. Ich habe mit vier Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) zusammengearbeitet. Mit Hanns-Eberhard Schleyer, dem langjährigen Sekretär des ZDH und Sohn von Hanns Martin Schleyer, hab ich gut zusammengearbeitet. Viele Verbindungen bestehen heute noch.

Du hast Dich ja auf Bundesebene auch engagiert. Was hat sich da in Deiner Zeit verändert?

Früher waren wir als Arbeitnehmer nur Gäste beim Deutschen Handwerkskammertag. Inzwischen haben wir Sitz und Stimme. Nur bei Finanzangelegenheiten dürfen wir nicht mitbestimmen. Die Verbindung zur europäischen Ebene nach Brüssel ist auch immer wichtiger geworden. Eine hauptamtliche Kraft sitzt in Brüssel. Wir waren im jährlichen Wechsel einmal in Brüssel und einmal in Straßburg jeweils. Dazwischen auch in Berlin zu Gesprächen mit sämtlichen Fraktionen.

Aber auch in Schwaben hat sich einiges bewegt?

Als Vizepräsident war ich immer im Bauausschuss. In Kempten, Wörishofen, Memmingen und Augsburg wurde neu gebaut. Die jetzige Baumaßnahme mit den überbetrieblichen Ausbildungswerkstätten kostet 40 Millionen. Insgesamt wurden in diesen Jahren ca. 200 Millionen verbaut. Ständig wurden neue Maschinen angeschafft.

Was waren denn so persönliche Vorteile für Dich?

Es war ein ständiges Lernen auf angenehme Art. Ich habe praktisch vor Ort miterlebt, wie produziert wird, was Aufgaben sind. Ich habe eine breite Palette an Berufen kennengelernt und deren Weiterentwicklung verfolgt.

Einer Deiner Schwerpunkte war ja der Austausch mit Frankreich. Was war Dir dabei wichtig?

Seit 1984 hab ich den Lehrlingsaustausch mit Frankreich begleitet. Die Partnerschaft ist mit Mayenne und Sarthe. Einmal im Jahr kommen für 10 Tage deutsche Auszubildende nach Frankreich und im darauffolgenden Jahr umgekehrt. Sie sind sechs Tage im Betrieb und drei Tage erleben sie das Land. Dort sind auch persönliche Freundschaften entstanden. Die französische Gastfreundschaft ist sehr groß.

Vielen Dank für das Gespräch, Danke für Dein Engagement und Alles Gute!

07.09.2014
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