Kolpingsfamilie Gersthofen veranstaltet Filmabend mit Miriam Friedmann und Josef Pröll

Film-Abend im Zeichen der Demokratie

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19.03.2024

Seit einigen Monaten ist Heinz Schaaf, Vorsitzender der Kolpingsfamilie Gersthofen, mit Josef Pröll wegen eines Film-Abends mit dem Dokumentarfilm „Die Stille schreit“ im Gespräch. Josef Pröll und Miriam Friedmann, die beiden Autoren des Films, zeigten am 12. März 2024 den informativen Film über zwei jüdische Familien aus Augsburg im Pfarrzentrum Oscar Romero Mitgliedern der Kolpingsfamilie Gersthofen und Gästen.

2014 begannen die zeitaufwändigen Recherchen über die Geschichten der jüdischen Familien Friedmann und Oberdorfer in Augsburg. Josef Pröll, Miriam Friedmann und Dr. Friedhelm Katzenmeier forschten in 32 Archiven. Über vier Jahre dauerte die Arbeit am Film „Die Stille schreit“, der 2019 in Augsburg uraufgeführt wurde.

Miriam Friedmann lebte in USA und kam 2001 nach Augsburg. „Nichts erinnerte an meine Eltern. Alles war still. Doch die Stille war so laut - daher der Filmtitel“, berichtet Miriam Friedmann.

Rechtzeitig flohen Miriam Friedmanns Eltern, Elisabeth und Fritz Friedmann, in die USA. Dort kam Miriam Friedmann zur Welt. Ihre Großeltern Friedmann ahnten das Unheil - einen Tag vor der Deportation ins Konzentrationslager nahmen sie sich mit Freunden das Leben. Ihre Großeltern Oberdorfer führten in der Augsburger Maximilianstraße eine Schirm-Manufaktur. Sie waren geachtet und angesehen in der Gesellschaft. Weil Sie Juden waren, nahmen ihnen die Nationalsozialisten alles weg. Wie wurden in Auschwitz ermordet.

„Als ich nach Augsburg kam, ging ich in das Geschäft meiner Vorfahren und stieß auf Ablehnung. >Alles wurde ordnungsgemäß abgewickelt< im Übergang von der Oberdorfer- zur Hoffmann-Schirm-Manufaktur, hieß es“, erzählt Miriam Friedmann. Sie betont: „Jeder ist als Mensch geboren, ich zufällig als Jüdin. Das ist wichtig, dass junge Menschen das so sehen und nicht vergessen. Viele Stellen, Verwandte, Firmen und die IHK haben ihre Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet. Damals wurde jedoch alles akribisch aufgeschrieben. Darum konnten wir in den Archiven viel historische Dokumente entdecken.“

Der Film zeigt Interviews mit Verwandten, Original-Schauplätze vor der NS-Diktatur, nach Enteignung oder Zerstörung durch den Krieg und den Neuaufbau unter anderen Eigentümern. An der heutigen Kreissparkasse am Martin-Luther-Platz in Augsburg weist eine Gedenktafel auf die Familie Friedmann hin, denen das im Krieg zerstörte Haus an dieser Stelle vor der NS-Diktatur gehörte.

„Es war furchtbar, zu erkennen, dass der Weg nach Ausschwitz von Augsburg aus eine gerade Linie war. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Seit 1935 wurden die Deportationen vorbereitet. Offiziell sagte man dazu, >die Juden wären in den Osten verreist<“, sagte Josef Pröll, der den Film zusammen mit Miriam Friedmann gemacht hat.

Was heute durch Rechtsextremismus in Deutschland und Europa zu erleben ist, macht nach 90 Jahren deutlich, dass die Thematik nicht vergessen werden darf und heute brandaktuell ist.

Im ausliegenden Faltblatt über die Filme von Josef Pröll sind Artikel 1 und 2 des Grundgesetztes der Bundesrepublik Deutschland über die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Bekenntnis des deutschen Volkes zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt zu lesen.

Nach der Mutter von Josef Pröll wurde die neu errichtete Mittelschule in Gersthofen benannt. Während des Nazi-Regimes leistete Anna Pröll als junge Frau Widerstand gegen Hitler in Augsburg. Im hohen Alter wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Stadt Augsburg ernannte sie zur Ehrenbürgerin. Ihr Sohn Josef Pröll, Jahrgang 1953, (er ist unter anderem Referent der KZ-Gedenkstätte Dachau und gibt dort Führungen) beschäftigt sich seit Langem mit der tragischen Familiengeschichte seiner Eltern während der NS-Zeit.

Dagmar Benz
19.03.2024
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