Ca. 25 Prozent der Mitglieder im 1. Weltkrieg gefallen

Kolping während des 1. Weltkrieges

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24.06.2014

„Der Ausbruch des 1. Weltkrieges am 1. August 1914 führte zu einem Einschnitt in die bis dahin relativ kontinuierlich verlaufende Ausbreitung der katholischen Gesellenvereine. Dies lässt sich durch einige Zahlen verdeutlichen. Von rund 68.000 Mitgliedern der katholischen Gesellenvereine im Deutschen Reich vor 1914 fielen während der 4 Kriegsjahre ca. 17.000. Dies bedeutet einen Mitgliederverlust von 25 Prozent. Wenn man dazu noch rechnet, dass es in den Kriegsjahren durch teilweise brachliegende Verbandsarbeit zu weniger Neuaufnahmen als in Friedenszeiten kam und zusätzlich zum natürlichen Ausscheiden aktiver Mitglieder durch Verheiratung oder Erreichen der Altersgrenze, ist der Schaden für die Entwicklung der Vereine als noch größer einzuschätzen.

Nun darf dieser Fakt aber nicht pauschalisiert werden. Es gab durchaus Gesellenvereine, die ihre Verbandsarbeit in fast vollem Umfang weiterführten, d. h. mindestens monatlich Versammlungen mit Vorträgen durchführten. Generalkommunion abhielten und selbst weiter das Theaterspiel pflegten, z. B. die Augsburger Gesellenvereine von Kriegshaber, Lechhausen und Zentral, sowie der katholische Gesellenverein Schwabmünchen. Als herausragendes Beispiel für eine kontinuierliche Weiterarbeit muss hier der katholische Gesellenverein Kempten genannt werden. Der Katholische Gesellenverein Kempten zählte vor Ausbruch des 1. Weltkrieges zwischen 150 und 225 aktive Mitglieder und 220 bis 249 Ehrenmitglieder und war somit der zweitgrößte Verein in der Diözese Augsburg. Aus den umfangreichen Archivunterlagen der Kolpingsfamilie Kempten geht eindeutig hervor, dass während des 1. Weltkrieges wöchentliche Versammlungen im Gesellenhaus stattfanden, selbst in Zeiten von Einquartierungen durch Militär. Zu den zahlreichen im Felde stehenden Mitgliedern wurde eifrig Kontakt gehalten durch Feldpost und Versendung von Päckchen. Theateraufführungen und andere Aktivitäten dienten dazu, für Gabensendungen Geld zu sammeln. Außerdem war es in vielen Gesellenvereinen Brauch, den im Feld stehenden Mitgliedern das Kolpingsblatt zuzusenden.

Folgende Kriegsstatistik gibt Aufschluss über die Lage im Diözesanverband Augsburg nach dem ersten zwei Kriegsjahren. Im Felde standen 2.491 aktive Mitglieder und 1.757 Ehrenmitglieder. Ortsanwesend waren dagegen nur 974 aktive und 3.411 Ehrenmitglieder. Von den aktiven Mitgliedern standen also im August 1916 mehr als zwei Drittel unter Waffen, von den Ehrenmitgliedern etwa ein Drittel, zusammengenommen also etwa die Hälfte alle Mitglieder. Bis zum 1. August 1916 waren bereits 388 aktive und 80 Ehrenmitglieder gefallen.

Ein weiteres Mittel, um mit den im Felde stehenden Mitgliedern in Kontakt zu bleiben bestand in der Zusendung der 6 Feldbriefe (1. Ostern 1915 – Januar 1918) des Generalpräsidiums katholischer Gesellenvereine von Generalpräses Msgr. Franz Schweitzer. Außerdem besuchten die Feldgrauen (so nannte man damals, entsprechend der Farbe ihrer Uniform, die Frontsoldaten) bei Heimaturlaub ihre Vereine und berichteten über ihre Kriegserlebnisse. Je enger die Kontakte während des Krieges gehalten wurden, um so problemloser gelang es in der Regel, nach dem Kriege unter den veränderten Bedingungen die Vereinstätigkeit wieder zu intensivieren.“

Simone Herde in: Die Entwicklung der katholischen Gesellenvereine/Kolpingsfamilien in der Diözese Augsburg vom 1. Weltkrieg bis zum Ende des 3. Reiches (1914-1945), Kolping-Bildungswerk Diözesanverband Augsburg e.V. (Hrsg.), Köln 1998, S. 8. Bild: © audioscience - Fotolia.com
24.06.2014
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Der Text ist aus dem 3. Teil der Chronik des Kolpingwerkes in der Diözese Augsburg. Bisher sind vier Bände erschienen. Die verschiedenen Ausgaben können über den Kolping-Shop (www.kolpingshop.de) erworben werden.