Archäologen finden bei Grabungen in der Jesuitengasse römische Opferstelle

Sensationelle Funde bei Ausgrabungen

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19.06.2015

Römische Kellerreste. Unten abgetragene Mauer für Erweiterung.


Bodenschnitt mit römischer Mauer (links). Horizontal Weg oder Platz aus dem 1. Jh.


Putzfragment mit Graffiti


Verfüllter Brunnenschacht mit weiteren Putzfragmenten


Brunnenschächte. Deutlich erkennbar der gemauerte Brunnen aus 17. oder 18. Jh.


Scherben einer verzierten Tonschale


Detail Tonschale


Tierschädel


Metallapplikation


Weitere Funde


Und noch einige Funde


Öllämpchen mit Tierdarstellung


Römische Bronzestatuette Götterbote Merkur 2.-3. Jh. n.Chr.

„Sensationell“, nennt Günther Fleps, Grabungsleiter der Stadtarchäologie Augsburg, die Funde in der Jesuitengasse. Die Freude darüber ist ihm beim Ortstermin mit Medienvertretern am 19. Juni 2015 anzusehen und anzumerken. Seit November des Vorjahres ist er mit seinen Mitarbeitern auf dem Grundstück neben dem kleinen goldenen Saal, links und rechts neben der Kolping-Tiefgarage mit Ausgrabungen beschäftigt. An dieser Stelle entsteht der Ersatzneubau des Kolping-Jugendwohnheims. Stolz präsentiert er Tongefäße, sogenannte Terra Sigillata, und andere Gegenstände, die in einer Grube mit Opfergaben aus dem 1. Jahrhundert nach Christus gefunden wurden. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir bei den vielen Funden im römischen Museum überhaupt schon solche Stücke haben“, sagt Fleps.

In den vergangenen Wochen haben die Archäologen unterhalb des Kellers des abgerissenen Jugendwohnheimes neben dem sogenannten Fuggerstadel gegraben. Bis in vier Meter Tiefe sind sie vorgedrungen. Alles was drunter ist und vom Neubau nicht berührt wird, bleibt auch bei dieser Grabung im Boden und wird für die Nachwelt konserviert. Eine Sensation war für Fleps auch der Fund von Kellerwänden aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Meist wurden die Steine von alten Gebäuden später wiederverwendet, weshalb bisher kaum solche Wände aus der Römerzeit gefunden wurden. Die Mauer aus Tuffstein und der Estrich waren speziell behandelt, damit keine Feuchtigkeit eintreten konnte. In einem weiteren Ausbauschritt wurde der Keller vergrößert. An die Stelle von Steinmauern sind Holzwände getreten. Über einem Bodenbelag aus Lehm, wie ihn Fleps in Augsburg auch noch nicht gefunden hat, wurde ein Holzboden angebracht. Die Wände wurden mit dem gleichen Material bestrichen und ebenfalls mit Holz verkleidet.

An zwei Grabungsschnitten ragen die Wandreste eines großen römischen Gebäudes in die Baugrube. Sieben Meter schätzt Fleps den Abstand. Unweit des im Garten des Klosters von St. Stephan vermuteten Forums und des Kastells hatten sich im 1. Jahrhundert bereits Menschen in einem sogenannten Vicus angesiedelt, bevor diese Siedlung zur Provinzhauptstadt aufgestiegen ist. Fleps kann noch nicht sagen, ob es sich bei diesem Gebäude eventuell um ein öffentliches Gebäude oder ein Wohnhaus eines reichen Bürgers gehandelt hat. Nördlich von der Jesuitengasse führte die zweite große Handelsstraße neben der Via Claudia an der Grabungsstelle vorbei. Über den von Fleps als „Weststraße“ bezeichneten Handelsweg wurden Waren aus Spanien und Frankreich vorbei am Bodensee nach Augsburg gebracht. Dass an der Stelle nicht nur einfache Menschen lebten zeigte auch der Fund von Resten einer Bodenheizung vor einigen Monaten auf dem gleichen Grabungsareal.

An einer anderen Stelle sind verschiedene Bodenverfärbungen zu erkennen. Eine verfüllte Grube nennt Grabungsleiter Fleps vorgeschichtlich, vielleicht aus der Bronzezeit. Andere Verfärbungen sind als verschiedene Brunnenschächte identifiziert. Neben einem Brunnen mit Holzverschalung aus der Römerzeit und einem aus dem Mittelalter ist ganz deutlich der Mauerring eines Brunnens aus dem 16. bis 17. Jahrhunderts erkennbar. Meist wurden diese mit Schutt verfüllt. So fanden sich auch hier Putzfragmente mit verschieden farbigen Anstrichen und Graffitis.

Am Ende des Rundgangs hat Archäologe Fleps noch die Highlights von den Funden auf einem Tisch aufgebaut. Neben den Gefäßen aus Ton mit Stempeln fanden sich ein zerbrochener Tonkrug und ein gut erhaltenes Öllämpchen. So wie die Gegenstände in der Grube abgestellt wurden, zieht Fleps den Schluss, dass es sich um Opfergaben handelt. Reste von Eierschalen bewiesen ihm, dass die Töpfe und Teller nicht leer waren. Auch ein gut erhaltener Stierkopf wurde an der gleichen Opferstelle gefunden. Besonders faszinierend sind die fast vollständigen Scherben einer Schale aus Ton mit Weinranken, Ehren und Vögeln.

„Wir werden wohl noch einige Monate hier zu tun haben“, sagt Fleps und erntet damit keine große Begeisterung von Heinrich Lang, dem Geschäftsführer der Kolping-Stiftung Augsburg. Auf dem Grundstück steht seit wenigen Tagen bereits der Baukran und die gemeinnützige Stiftung will als Bauherr einen Ersatzneubau für das abgerissene Jugendwohnheim errichten. In einem zweiten Schritt soll danach das Kolpinghaus saniert werden. Über 240 junge Menschen sollen künftig während ihrer Ausbildung ein Zuhause und pädagogisch begleitet finden. Das Bistum Augsburg und die Agentur für Arbeit unterstützen die Baumaßnahme. Für die Finanzierung wirbt der Bauherr aber auch um Spenden. Über die Kolpingstiftung-Rudolf-Geiselberger (Spendenkonto bei der Liga-Bank: IBAN DE64 7509 0300 0000 1477 70, BIC GENODEF1M05) kann unter dem Stichwort „Jugendwohnen“ die Ausstattung der Zimmer, Aufenthalts- und Schulungsräume unterstützt werden.

 

Ergänzung: Am Mittwoch, 24. Juni, kleine Götterstatuette eines Merkur bei den Ausgrabungen in Vorbereitung auf den Ersatzneubau unseres Jugendwohnheimes in der Jesuitengasse gefunden. Ausgrabungsleiter Günther Fleps schätzt die römische Bronzefigur auf das 2. oder 3. Jahrhundert nach Christus ein. Es handelt sich dabei um einen Laren, wie sie die Römer in ihren Häusern auf einer Art von kleinen Hausaltärchen verehrten.

19.06.2015
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